Sinn und Zweck von IT-Strategien für öffentliche Verwaltungen

9 Min. Lesezeit

Für Behörden, Städte und Gemeinden ist es heutzutage unerlässlich, die Informationstechnologie (IT) effizient und effektiv zu verwalten. Es gilt, die verwendete Technologie so einzusetzen, dass sie die langfristigen Ziele und Prozesse optimal unterstützt. Hier kommt die IT-Strategie ins Spiel. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff und warum ist er für eine öffentliche Verwaltung, eine Gemeinde oder eine Stadt so zentral?

In diesem Blogeintrag wird ein genauerer Blick auf die Bedeutung und die Inhalte einer IT-Strategie für öffentliche Verwaltungen geworfen. Dabei geht es unter andrem um die folgenden Fragen:

  • Was ist eine IT-Strategie und warum braucht eine Gemeinde überhaupt eine?
  • Welche Fragen werden in der IT-Strategie beantwortet?
  • Was sind Teilstrategien der IT-Strategie einer öffentlichen Verwaltung, bspw. einer Gemeinde?
  • Was unterscheidet die IT-Strategie von einer Digitalstrategie?
     

[ 1 ]Was ist eine IT-Strategie und warum benötigt eine Gemeinde überhaupt eine?

Die IT-Strategie hat das klare Ziel, durch das IT-Management sowie der Definition von Rahmenbedingungen die langfristigen Ziele einer Gemeinde zu erreichen. Dabei leitet sie sich von den bestehenden Prozessen ab und strebt an, diese effizienter zu gestalten. Gleichzeitig stellt sie sicher, dass die richtige IT-Infrastruktur aufgebaut wird, um diese Ziele zu unterstützen.

Ein besonderes Merkmal einer effektiven IT-Strategie ist ihre Berücksichtigung sämtlicher Abteilungen und deren Anforderungen innerhalb der Organisation. Dies schliesst die Bedürfnisse der weiteren Interessensgruppen einer Gemeinde, zum Beispiel die Bevölkerung, Privatwirtschaft und Lieferanten, gleichermassen ein. Eine gut durchdachte IT-Strategie ist somit ein Instrument, das dazu beiträgt, die vielfältigen Anforderungen und Bedürfnisse der unterschiedlichen Akteure zu berücksichtigen und zu integrieren.

Die IT-Technologie und die IT-Prozesse müssen fortlaufend überwacht und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie den Vorgaben und Zielen der Strategie dienen.

Typischerweise umfassen IT-Strategien verschiedene Teilstrategien, darunter:

  • Infrastrukturstrategie
  • Sourcingstrategie
  • Anwendungsstrategie
  • Innovationsstrategie
  • Investitionsstrategie

Diese Teilstrategien sind miteinander verwoben und ergänzen sich, um das Gesamtziel der IT-Strategie zu erreichen. Im Wesentlichen verfolgt eine IT-Strategie in öffentlichen Verwaltungen und Gemeinden eine Vielzahl von Zielen. Dazu gehören:

  • Erhöhung der Effizienz und Digitalisierung von Prozessen innerhalb der Verwaltung durch den optimalen Einsatz der IT
  • Definition der Rahmenbedingungen für ein effizientes Management der IT durch die Verantwortlichen
  • Maximierung der IT-Sicherheit, einschliesslich Informationssicherheit und Datensicherheit
  • Gewährleistung der Einhaltung von Datenschutz- und Compliance-Vorgaben
  • Steigerung der Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden
  • Vermeidung von Ressourcenverschwendung
  • Verbesserung der Kundenbeziehungen und Servicequalität

Insgesamt ist die IT-Strategie ein unverzichtbares Instrument für öffentliche Verwaltungen und Gemeinden, um ihre langfristigen Ziele zu erreichen, effizient zu arbeiten und den sich ständig wandelnden Anforderungen gerecht zu werden. Sie ermöglicht es, die Potenziale der Informationstechnologie optimal zu nutzen und die Gemeinde für die Zukunft zu rüsten.

Die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung der IT-Strategie ist – analog wie bei anderen Projekten, die zu Veränderungen führen – eine gut geplante Kommunikation, insbesondere auch intern. Sowohl Mitarbeitende, als auch die strategische und operative Führung müssen Ziele und Inhalte der IT-Strategie verstehen und mittragen.

[ 2 ]Welche Fragen werden in einer IT-Strategie beantwortet?

Die Entwicklung einer umfassenden IT-Strategie für öffentliche Verwaltungenerfordert die Klärung mehrerer Grundsatzfragen, um sicherzustellen, dass die IT effektiv und zielgerichtet eingesetzt wird:

  • Zielsetzung & Vision – Was sind unsere IT-Ziele?
    «Was ist unser Ziel? Wohin wollen wir mit unserer IT?» Hierbei geht es darum, langfristige Ziele für die Nutzung der Informationstechnologie in der Verwaltung zu definieren. Diese Ziele sollten die Bedürfnisse aller Interessengruppen, einschliesslich der Bevölkerung, von Unternehmen und anderen Stakeholdern, berücksichtigen. Die Vision der IT-Strategie sollte die digitale Transformation und Modernisierung der Verwaltungsprozesse unterstützen.
     
  • Cloud-Infrastruktur – Private Cloud vs. Public Cloud?
    Eine zentrale Frage in diesem Zusammenhang ist, ob die Verwaltung auf lokale IT-Infrastruktur (On-Premise) oder auf Cloud-Infrastruktur setzen sollte. Die Cloud bietet viele Vorteile in Bezug auf Skalierbarkeit und Flexibilität, aber auch Sicherheitsfragen müssen berücksichtigt werden. Es werden zwei Hauptoptionen in Betracht gezogen:
    • Public Cloud: Die Nutzung von Cloud-Services grosser Anbieter, die oft niedrige Einstiegshürden und eine breite Palette von Funktionen bieten. Jedoch unterliegen viele dieser Anbieter dem US-Cloud Act, was Datenschutzfragen aufwirft. Zudem hat man als Kunde keinen Einfluss auf Planung und Umsetzung von Updates & Releases.
    • Private Cloud: Angebote von Schweizer Anbietern, die die Datenhaltung ausschliesslich in der Schweiz garantieren und nur der Schweizer Rechtsprechung unterliegen. Dies bietet mehr Kontrolle über die Daten. Zudem ermöglicht eine private Cloud eine genauere und selbstbestimmte Planung von Updates und Releases. 
       
  • Inhouse-Betrieb oder IT-Outsourcing?
    Die Frage, welche IT-Leistungen intern erbracht werden können und welche ausgelagert werden sollten, ist von strategischer Bedeutung. Hierbei geht es um die Überlegung, welche IT-Aufgaben und -Dienstleistungen die Verwaltung selbst übernehmen kann und welche von externen IT-Outsourcing-Anbietern erbracht werden sollten. Dies betrifft nicht nur den IT-Betrieb, sondern auch IT-nahe Dienstleistungen wie zum Beispiel die strategische Beratung oder der Budgetprozess.
     
  • Was haben wir für Datenhaltungsstandards?
    Die Organisation muss klären, wie sie ihre Daten beschreibt und sicherstellt, damit gleiche Datenobjekte einheitlich behandelt werden. Die Orientierung an Standards wie den eCH-Standards in der Schweiz ist entscheidend, um die Interoperabilität mit anderen Behörden und Systemen sicherzustellen. Schnittstellen müssen definiert werden, um den Datenaustausch zu ermöglichen.
     
  • Welche Rahmenbedingungen und Compliance-Vorgaben haben wir?
    Gesetzliche, politische und technische Rahmenbedingungen müssen sorgfältig beachtet werden. Hierzu gehören Datenschutzgesetze, Compliance-Vorgaben und technische Standards, die eingehalten werden müssen. Die IT-Strategie sollte sicherstellen, dass alle relevanten Vorschriften und Gesetze beachtet werden.
     
  • Gibt es sinnvolle strategische IT-Kooperationen?
    Die Möglichkeit von langfristigen IT-Kooperationen mit anderen Gemeinden oder Verwaltungen sollte geprüft werden. Dies kann dazu beitragen, Ressourcen zu teilen und Synergien zu schaffen, um Kosten zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.
     
  • Auf welche Applikationen setzen wir?
    Die Wahl zwischen Standardsoftware von Marktführern und individuell angepassten Lösungen muss getroffen werden. Individuelle Lösungen können zwar einen Mehrwert bieten, sind jedoch oft kostenintensiver. Die IT-Strategie sollte festlegen, welche Software-Lösungen am besten zu den Anforderungen der Verwaltung passen.
     
  • Was sind unsere Grundsätze bei Infrastruktur und Sicherheit?
    Die IT-Strategie sollte die Gerätestrategie, den Beschaffungsprozess, das Service- und Supportlevel, die Weiterentwicklung und Aktualisierungen der Rechenzentren, Schulungsmassnahmen für Mitarbeitende sowie die Sicherheitsmassnahmen für Firewall, Antivirus, Passwortrichtlinien, Datensicherheit, Backup, Disaster-Recovery-Konzepte etc. definieren.

    Die Beantwortung dieser Grundsatzfragen legt den Rahmen für eine umfassende IT-Strategie für öffentliche Verwaltungen fest und stellt sicher, dass die IT effektiv zur Erreichung der organisatorischen Ziele eingesetzt wird.

[ 3 ]Teilstrategien der IT-Strategie einer öffentlichen Verwaltung, bspw. einer Gemeinde

Eine gut ausgearbeitete IT-Strategie für öffentliche Verwaltungen umfasst verschiedene Teilstrategien, die darauf abzielen, die IT-Infrastruktur effizient zu gestalten, Anwendungen optimal einzusetzen, externe Dienstleistungen sinnvoll zu nutzen, Investitionen strategisch zu planen und Innovationspotenziale zu erschliessen.

1. Infrastruktur / IT-Betrieb
Die Basis jeder effektiven IT-Strategie ist eine solide IT-Infrastruktur. Hierbei geht es um die Festlegung, wie Hardware, Betriebssysteme und Netzwerke die benötigten Ressourcen möglichst effizient, performant und mit optimierten Kosten bereitstellen. Besonders in Zeiten der digitalen Transformation und dem Streben nach papierlosen Büros gewinnt die IT-Infrastruktur an entscheidender Bedeutung. Cloud-Komponenten spielen hierbei eine zentrale Rolle.

  • Warum ist die IT-Infrastruktur wichtig?
    • Kommunikation: Sie bildet die Grundlage für eine optimale Kommunikation – sowohl intern als auch mit Kunden und anderen Interessensgruppen einer Gemeinde.
    • Sicherheit: Eine mangelhafte IT-Infrastruktur kann zu Problemen in der Konnektivität sowie zu Sicherheitsverletzungen führen, wie beispielsweise Systemausfälle oder Verletzungen von Berechtigungskonzepten.
    • Effizienz & Zufriedenheit: Eine unzureichende IT-Infrastruktur wirkt sich negativ auf die Produktivität, die Effizienz und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden aus.
    • Flexibilität: Eine zuverlässige IT-Infrastruktur ist entscheidend für die Flexibilität. Sie ermöglicht es, individuelle Ziele langfristig zu verfolgen, sei es im Homeoffice oder bei der Integration neuer Software-Lösungen.
    • Kundenzufriedenheit: Eine ordnungsgemäss implementierte IT-Infrastruktur ist entscheidend für positive Kundenerlebnisse. Mangelnde Erreichbarkeit und Website-Abstürze können vermieden werden.
       

2. Anwendungen
Es ist entscheidend zu klären, welche Software und Applikationen in der Organisation eingesetzt werden müssen, um die Anforderungen aller Fachbereiche optimal zu unterstützen. Dabei geht es nicht nur um die vorhandenen Anwendungen, sondern auch um die Identifikation von möglichen Lücken, die durch zusätzliche Software geschlossen werden müssen. Eine durchdachte Applikationsstrategie gewährleistet, dass die eingesetzten Anwendungen effizient genutzt werden und die Prozesse optimal unterstützen.
 

3. Sourcing
In der Sourcingstrategie wird definiert, welche IT-Leistungen intern erbracht werden können und welche über externe Dienstleister eingekauft oder in Form eines IT-Outsourcingsausgelagert werden müssen. Diese Strategie trägt dazu bei, die Ressourcen effizient einzusetzen und die notwendigen Dienstleistungen sicherzustellen.
 

4. Investitionen
Die Investitionsstrategie definiert, in welche Bereiche und Technologien investiert werden muss, um die übergeordneten Ziele der IT-Strategie zu erreichen. Sie stellt sicher, dass zukünftige Investitionsentscheidungen darauf ausgerichtet sind, die Ressourcen effizient und kosteneffektiv einzusetzen. Dabei geht es nicht nur um die Beschaffung von Hardware und Software, sondern auch um die Investition in Schulungen, Weiterbildungen und die Entwicklung von Fachwissen innerhalb der Organisation.
 

5. Innovationen
Die Innovationsstrategie fokussiert sich auf die Analyse der aktuellen Situation und den Blick in die Zukunft. Sie beantwortet die Frage, wie durch den Einsatz neuer Technologien die Innovationskraft gestärkt werden kann, um Prozesse zu optimieren und zu digitalisieren. Innovationspotenziale sind entscheidend, um die Digitalisierung voranzutreiben und den steigenden und ständig wandelnden Anforderungen gerecht zu werden.

Wie üblich bei Strategien setzt sich auch die IT-Strategie, respektive die einzelnen Teilstrategien, aus einer Bestandsaufnahme (IST-Zustand), einer Konzeption (SOLL-Zustand), einer Massnahmen- und Umsetzungsplanung sowie der Definition von Kontrollmechanismen zusammen. 

[ 4 ]Was unterscheidet eine IT-Strategie von einer Digitalstrategie?

Kurzfassung IT-Strategie

Die IT-Strategie in öffentlichen Verwaltungen und Gemeinden konzentriert sich auf die interne Technologie-Infrastruktur und die Geschäftsprozesse, die für die Verwaltungstätigkeit unerlässlich sind. Dies schliesst Hardware, Software, Systeme und Prozesse ein. Die IT-Strategie muss nicht nur den aktuellen Anforderungen gerecht werden, sondern auch zukunftsorientiert sein, um sich an die sich wandelnden Anforderungen und politischen Ziele anzupassen.

Kurzfassung Digitalstrategie

Die Digitalstrategie für öffentliche Verwaltungen und Gemeinden ist kundenorientiert und zielt darauf ab, digitale Technologien einzusetzen, um Einwohnende, die Wirtschaft und weitere Interessengruppen zu erreichen, die digitale Präsenz der Verwaltung zu stärken und die Interaktion mit den Einwohnenden zu intensivieren. Eine erfolgreiche digitale Strategie führt zu einer verbesserten öffentlichen Wahrnehmung, einer gesteigerten digitalen Präsenz, einer engagierten Bürgerschaft und einer effizienteren Verwaltung.

Unterschiede zwischen IT-Strategie und Digitalstrategie

Die IT-Strategie konzentriert sich auf die interne Technologie-Infrastruktur und die Verwaltungsprozesse, während die Digitalstrategie darauf abzielt, die Interaktion mit den Bürgern zu verbessern und die digitale Präsenz der Verwaltung zu stärken.

Die IT-Strategie muss sich an die sich wandelnden politischen Ziele und Anforderungen anpassen. Die Digitalstrategie ist darauf ausgerichtet, die Verwaltung transparenter und zugänglicher zu gestalten.

Zusammenspiel von IT-Strategie und Digitalstrategie

Obwohl IT-Strategie und Digitalstrategie unterschiedliche Schwerpunkte haben, überschneiden sie sich in bestimmten Aspekten, beispielsweise dem Einsatz von Automatisierung & Digitalisierung zur Verbesserung von Verwaltungsprozessen und Bürgerdiensten. Beide Strategien müssen jedoch mit den übergeordneten politischen Zielen und Verwaltungszielen abgestimmt werden, um sicherzustellen, dass sie die langfristigen Ziele der öffentlichen Verwaltung und Gemeinde unterstützen. Die Ausrichtung beider Strategien gewährleistet, dass Technologie effektiv eingesetzt wird, um die Verwaltungsdienstleistungen zu optimieren und die Bedürfnisse der verschiedenen Interessengruppen zu erfüllen.